Unterschätzte Gefahr: Feinstaub könnte noch gesundheitsschädlicher sein als bisher gedacht. Denn eine neue Messmethode hat jetzt enthüllt, dass die Luft deutlich mehr Sauerstoffradikale enthält als in bisherigen Messungen erfasst wurden. Diese hochreaktiven Radikale sind sehr kurzlebig und daher schwerer zu messen als die bereits bekannten, langlebigeren Feinstaubkomponenten. Zudem lösen sie stärkere Entzündungen in menschlichem Gewebe aus, wie das Team in „Science Advances“ berichtet.
Wer jahrelang mit Feinstaub belastete Luft einatmet, hat ein höheres Risiko, schwer krank zu werden. Denn die weniger als zehn, meist sogar weniger als 2,5 Mikrometer kleinen Schwebeteilchen dringen tief in Luge und Gewebe ein und können so beispielsweise chronische Atemwegsprobleme wie Asthma sowie Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und Demenz verursachen. Jährlich sterben rund sechs Millionen Menschen an den Folgen der Feinstaubbelastung, schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Fast alle Menschen weltweit leben in Regionen, in denen die Feinstaubbelastung höher ist als derzeit von der WHO empfohlen.
Die winzigen Partikel im Feinstaub bestehen aus tausenden verschiedenen chemischen Substanzen, die aus menschengemachten Quellen wie dem Autoverkehr und natürlichen Quellen wie Vulkanen, Waldbränden oder Reaktionen in der Atmosphäre stammen. Welche der Chemikalien sich wie genau auf unseren Körper auswirken, ist erst ansatzweise erforscht. Als besonders schädlich gelten sogenannte reaktive Sauerstoffradikale (ROS), weil diese besonders leicht mit den Molekülen in unseren Zellen und Geweben reagieren. Das kann die Zellen schädigen und Entzündungen auslösen, die sich auf den ganzen Körper auswirken.
Mobiles Messgerät für Feinstaub
Umweltwissenschaftler um Steven Campbell vom Imperial College London haben nun nachgemessen, wie viele dieser Sauerstoffradikale im Feinstaub enthalten sind. Dafür entwickelten sie eine neue Messmethode, die die Partikel nicht wie bisher erst Tage oder Wochen nach dem Einfangen im Labor analysiert, sondern in Sekundenschnelle vor Ort misst. So werden auch jene flüchtigen Radikale erfasst, die in bisherigen Studien bereits mit anderen Substanzen reagiert hatten und daher nicht mehr nachweisbar waren.